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Vorlesung & Übung Mathematische Logik & Mengenlehre
SS 2019
Universität Hamburg
Fachbereich Mathematik

LV-Nummer: (Modul WP24) 65-067
Lehrende: Prof. Dr. Benedikt Löwe, email: bloewe@science.uva.nl; Pascal Gollin, Lucas Wansner
Inhalt:

Mathematik ist eine deduktive Wissenschaft: Aussagen werden nicht durch Beobachtung oder Experimente verifiziert, sondern in axiomatischen Systemen bewiesen. Wir gehen davon aus, dass bewiesene Sätze wahr sind, aber ist auch jeder wahre Satz in einem geeigneten Axiomensystem beweisbar? Und wenn ja, wie entscheiden wir, welches Axiomensystem "geeignet" ist?

Die mathematische Logik beschäftigt sich mit Grundlagenfragen zur mathematischen Methode, der sogenannten Metamathematik. Sie gibt präzise mathematische Definitionen für grundlagentheoretische Begriffe wie "wahr", "formales System" und "beweisbar" und beweist, dass formale Beweisbarkeit in einem axiomatischen System gleichbedeutend mit Wahrheit in allen Strukturen, die diese Axiome erfüllen, ist (der sogenannte Gödelsche Vollständigkeitssatz).

Nachdem man die Grundlagen der axiomatischen Methode gelegt hat, kann man die Mathematik in einem geeigneten grundlagentheoretischen System einfangen: das übliche Axiomensystem für dieses Unterfangen ist die Zermelo-Fraenkelsche Mengenlehre, die wir dann im zweiten Teil der Vorlesung genauer untersuchen werden.

Klausur: Die Klausur wird am 19. Juli 2019 stattfinden. Um zur Klausur zugelassen zu werden, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
  1. schriftliche Bearbeitung von mindestens der Hälfte der Übungsaufgaben;
  2. regelmäßige Anwesenheit und aktive Teilnehme in der Übungsgruppe (aktive Teilnahme beinhaltet Vorrechnen an der Tafel).
Ort & Zeit: Vorlesung: Montag 16–18 H3, Mittwoch 14–16 H2. Übung: Dienstag 10–12 Geom 241 (Gollin); Dienstag 14–16 Geom 415 (Löwe).
Mitschrift:

Sowohl Herr Oliver Gertke als auch Herr Niclas Confurius haben sich freundlicherweise bereiterklärt, ihre persölichen Mitschriften allen Vorlesungsteilnehmerinnen und -teilnehmern zur Verfügung zu stellen. Diese studentische Mitschrift wird nicht von den Lehrenden korrekturgelesen, aber hier auf dieser Webseite in ihrer jeweils aktuellsten Form bereitgestellt: Mitschrift Gertke; Mitschrift Confurius.

Ablauf: Montag, 1. April 2019 Erste Vorlesung. Überblick über die Geschichte der Logik: Lullus, Leibniz, Babbage, Lovelace, Boole, Schröder, Frege, Cantor, Hilbert, Gödel, Cohen. Entwicklung der Mathematik im neunzehnten Jahrhundert: Abstraktion und Präzision. Präzise Definitionen sind eine notwendige Voraussetzung für negative Resultate: Nichtbeweisbarkeit, Nichtdefinierbarkeit (limitative Theoreme). Die Hilbertsche Hoffnung, daß alle mathematische Fragen lösbar seien: "Wir müssen wissen, wir werden wissen!" Gödelscher Unvollständigkeitssatz. Cantors Definition der Gleichmächtigkeit: Überabzählbarkeit der reellen Zahlen. Kontinuumshypothese. Unentscheidbarkeit der Kontinuumshypothese in der Standard-Mengenlehre.
Mittwoch, 3. April 2019 Zweite Vorlesung. Logische Symbole, Nichtlogische Symbole: Konstantensymbole, Funktionssymbole, Relationssymbole. Signaturen und Stelligkeiten. Terme. Induktion über den Termaufbau. Termableitungen.

Übungsblatt #1 (Abgabe: 9. April 2019).
Montag, 8. April 2019 Dritte Vorlesung. Jeder Term hat eine Termableitung. Atomare Formeln. Formeln. Induktion über den Formelaufbau. Beispiele für Formeln. Formelableitungen. Jede Formel hat eine Formelableitung. Rekursion über Term- und Formelaufbau.

Übungsblatt #2 (Abgabe: 16. April 2019).
Mittwoch, 10. April 2019 Vierte Vorlesung. Rekursionsprinzipien: auf den natürlichen Zahlen, auf den Termen und auf den Formeln. Beispiele: die Menge der Variablen, die in einem Term / einer Formel vorkommen; die Schachtelungstiefe eines Funktionssymbols, die Menge der in einer Formel freien Variablen. Sätze. Semantik: Strukturen; Beispiele von Strukturen.
Montag, 15. April 2019 Fünfte Vorlesung. Belegungen. Interpretationen. Fortsetzung einer Interpretation auf alle Terme. Definition der Wahrheit einer Formel in einer Interpretation. Beispiele. Wahrheit von Sätzen in einer Struktur. Koinzidenzlemma (ohne Beweis; s. Übungsblatt #3). Semantische Folgerungsbeziehung.

Übungsblatt #3 (Abgabe: 23. April 2019).
Mittwoch, 16. April 2019 Sechste Vorlesung. Tautologien. Axiomatisierbarkeit. Strukturerhaltende Abbildungen. Einbettungen. Isomorphismen. Unterstrukturen. Übersetzung von Termen unter strukturerhaltenden Abbildungen. Quantorenfreie Formeln. Erhaltung von quantorenfreien Formeln unter Einbettungen. Universelle Ausdrücke und universelle Sätze. Erhaltung von universellen Sätzen in Unterstrukturen.
Montag, 22. April 2019 Ostermontag
Mittwoch, 24. April 2019 Siebte Vorlesung. Erhaltung von Formeln und Formelklassen. Elementare Einbettungen. Die Theorie einer Struktur. Vollständige Satzmengen. Beispiele für unvollständige Satzmengen. Elementare Äquivalenz. Das Isomorphielemma. Definierbarkeit von Mengen. Invarianz definierbarer Mengen unter Automorphismen. Beispiele von nicht-definierbaren Mengen.

Übungsblatt #4 (Abgabe: 30. April 2019).
Montag, 29. April 2019 Achte Vorlesung. Beispiel zur Definierbarkeit: Redukte der rationalen Zahlen und ihre definierbaren Teilmengen. Definitionserweiterungen: relationale Definitionserweiterungen und relationale Übersetzungen; das Eliminationslemma (ohne Beweis, s. Aufgabe (21) auf Übungsblatt #5); Einführung zu funktionalen Definitionserweiterungen.

Übungsblatt #5 (Abgabe: 7. Mai 2019).
Mittwoch, 1. Mai 2019 Maifeiertag
Montag, 6. Mai 2019 Neunte Vorlesung (vertreten durch Herrn Gollin). Funktionale Definitionserweiterungen. Redukte. Motivation: das Problem bei Substitutionen. Die Substitutionsfunktion. Das Substitutionslemma: Formulierung und Beweisskizze.

Übungsblatt #6 (Abgabe: 14. Mai 2019).
Mittwoch, 8. Mai 2019 Zehnte Vorlesung. Mengenlehre als Grundlage der Mathematik. Die Sprache der Mengenlehre LST und LST-Strukturen (gerichtete Graphen). Die Extension eines Knoten in einem Graphen. Das Extensionalitätsaxiom. Teilmengen in gerichteten Graphen. Das Leeremengenaxiom, das Einermengenaxiom, das Paarmengenaxiom. Gütigkeit der Axiome in einigen einfachen gerichteten Graphen. Modelle von (LM) und (Einer) können nicht endlich sein. Das binäre Vereinigungsaxiom, das Vereinigungsaxiom. Das Aussonderungsschema.
Montag, 13. Mai 2019 Elfte Vorlesung. Aussonderung impliziert (LM). Das Komprehensionsschema: positive Konsequenzen (Existenz der leeren Menge, Existenz der Einermenge der leeren Menge), negative Konsequenzen (Russells Paradox). Aussonderung impliziert, dass es keine universelle Menge gibt. Rekursive Konstruktion eines Graphenmodells, in dem (Ext), (Paar) und (Aus) gelten, aber (Ver) nicht.

Übungsblatt #7 (Abgabe: 21. Mai 2019).
Mittwoch, 15. Mai 2019 Zwölfte Vorlesung. Beweis des Aussonderungsaxioms und Widerlegung der Vereinigungsaxioms im Graphenmodell für die Paarmenge. Das Potenzmengenaxiom. Widerlegung des Potenzmengenaxioms im Graphenmodell für die Paarmenge. Das Axiomensystem \(\mathsf{FST}\): Diskussion der Konstruktion eines Modells für \(\mathsf{FST}\) (ohne Details und Beweis). Das geordnete Paar, kartesische Produkte, Mengen von Relationen und Funktionen in \(\mathsf{FST}\).
Montag, 20. Mai 2019 Dreizehnte Vorlesung. Induktive Mengen und das Unendlichkeitsaxiom. Existenz einer kleinsten induktiven Menge, bezeichnet als \(\mathbb{N}\). Induktionstheorem für \(\mathbb{N}\). Transitivität von Mengen. Eigenschaften von \(\mathbb{N}\): \(\mathbb{N}\) und seine Elemente sind transitiv und durch die Elementrelation strikt linear geordnet (vgl. Übungsblatt #8). Rekursionstheorem für \(\mathbb{N}\) (mit Beweis der Eindeutigkeit und der ersten Hälfte des Beweises der Existenz).

Übungsblatt #8 (Abgabe: 28. Mai 2019).
Mittwoch, 22. Mai 2019 Vierzehnte Vorlesung. Rekursionstheorem für \(\mathbb{N}\) (Ende des Beweises). Grassmann-Rekursionsgleichungen: rekursive Definitionen für Addition und Multiplikation. Begriffe der Endlichkeit und Unendlichkeit und grundlegende Eigenschaften. Gleichmächtigkeit. Dedekind-Endlichkeit. Abzählbarkeit. Überabzählbarkeit. Satz von Cantor: keine Menge ist gleichmächtig zu ihrer Potenzmenge. Frage: gibt es eine unendliche Menge von Mengen unterschiedlicher unendlicher Mächtigkeiten? \(\mathbb{N}\) ist Dedekind-unendlich.
Montag, 27. Mai 2019 Fünfzehnte Vorlesung. \(\mathbb{N}\) ist unendlich. Funktionale Formeln und das Ersetzungsschema. Die Zermelo-Fraenkelsche Mengenlehre (ohne Fundierung) \(\mathsf{ZF}_0\). Stärkere Version des Rekursionssatz auf den natürlichen Zahlen. Anwendung: eine unendliche Menge von überabzählbaren Mengen, die paarweise unterschiedliche Mächtigkeit haben. Partielle und lineare Ordnungen, Dichtheit und Diskretheit. Das Prinzip des kleinsten Elements für \(\mathbb{N}\).

Übungsblatt #9 (Abgabe: 4. Juni 2019).
Mittwoch, 29. Mai 2019 Sechzehnte Vorlesung. Wohlordnungen: Beispiele und Nichtbeispiele. Anfangssegmente und echte Anfangssegmente. Induktionstheorem für Wohlordnungen. Rekursionstheorem für Wohlordnungen. Ordnungserhaltende Abbildungen und Isomorphismen und ihre Eigenschaften.
Montag, 3. Juni 2019 Vorlesung fällt aus.
Mittwoch, 5. Juni 2019 Siebzehnte Vorlesung (vertreten durch Herrn Dr. Khomskii). Hauptsatz über Wohlordungen (ohne Beweis). Ordinalzahlen: Definition, Beispiele und Eigenschaften. Nachfolgerordinalzahlen und Limesordinalzahlen. Hauptsatz über Ordinalzahlen. Die Ordinalzahlen bilden keine Menge. Satz von Hartogs. Induktion und Rekursion auf Ordinalzahlen. Ordinalzahlarithmetik: Zusammenhang der rekursiven Definitionen mit der Ordnungssumme und dem Ordnungsprodukt (ohne Beweis). (Tafelfotos der Vorlesung).

Übungsblatt #10 (Abgabe: 18. Juni 2019).
Montag, 10. Juni 2019 Pfingstmontag
Mittwoch, 12. Juni 2019 Pfingstpause
Montag, 17. Juni 2019 Achtzehnte Vorlesung Wiederholung: Hauptsatz über Wohlordungen (immer noch ohne Beweis). Ordinalzahlen: Definition, Beispiele und Eigenschaften. Nachfolgerordinalzahlen und Limesordinalzahlen. Hauptsatz über Ordinalzahlen. Die Ordinalzahlen bilden keine Menge, die abzählbaren Ordinalzahlen bilden eine Menge (Satz von Hartogs). Verallgemeinerung: Hartogs-Alephs. Transfinite Induktion und Rekursion. Ordinalzahlarithmetik und Beispiele für die Nichtkommutativität von Addition und Multiplikation.

Übungsblatt #11 (Abgabe: 25. Juni 2019).
Mittwoch, 19. Juni 2019 Neunzehnte Vorlesung. Ordinalzahlarithmetik: Monotonie, Nichtkommutativität, rechtsseitige Subtraktion, rechtsseitige Division mit Rest. Synthetische Definition der Ordinalzahladdition und Äquivalenz zur rekursiven Definition (mit Beweis). Synthetische Definition der Ordinalzahlmultiplikation und Äquivalenz zur rekursiven Definition (ohne Beweis).
Montag, 24. Juni 2019 Zwanzigste Vorlesung (Probevorlesung von Herrn Dr. Khomskii). Auswahlfunktionen und das Auswahlaxiom. Zermelos Wohlordnungssatz. Satz von Cantor-Schröder-Bernstein (ohne Beweis). Kardinalitäten und Kardinalzahlen. Die ℵα: Beweis, daß jede Kardinalzahl ein Aleph ist.

Übungsblatt #12 (Abgabe: 2. Juli 2019).
Mittwoch, 26. Juni 2019 Einundzwanzigste Vorlesung. Gerade und ungerade Ordinalzahlen. Beweis, daß κ+κ = κ. Abzählbare Vereinigungen abzählbarer Mengen sind abzählbar. Satz von Hessenberg (ohne Beweis). Nachfolgerkardinalzahlen \(\kappa^+\) sind nicht Vereinigungen von \(\kappa\) Mengen der Kardinalität \(\leq\kappa\). Kurze Diskussion der Kardinalität von \(\mathbb{R}\): das Kontinuumsproblem und seine Unlösbarkeit. Das Fundierungsaxiom. Fundierung impliziert, daß \(x\notin x\) für alle Mengen \(x\). Definition der von Neumann-Hierarchie. Fundierung ist äquivalent dazu, daß jede Menge in einem \(\mathbf{V}_\alpha\) liegt (ohne Beweis). Das intuitive Bild des Mengenuniversums als kumulative Hierarchie.
Montag, 1. Juli 2019 Zweiundzwanzigste Vorlesung. Diskussion der Bedeutung des Vollständigkeitssatzes. Formaler Beweisbegriff: Gentzensche Sequenzen und ihre Bedeutung. Kalküle und Regeln. Ableitungen und Ableitbarkeit. Korrektheit von Sequenzen, Regeln und Kalkülen. Korrektheit von Sequenzenregeln. Die Regeln des Gentzen-Kalküls: Abschwächungsregel, Voraussetzungsregel, Fallunterscheidungsregel, Widerspruchsregel. Ableitbarkeit von Regeln.

Übungsblatt #13 (Abgabe: 9. Juli 2019).
Mittwoch, 3. Juli 2019 Dreiundzwanzigste Vorlesung. Junktorenregeln im Antezedens und im Sukzedens. Gleichheitsregel. Substitutionsregel. Quantorenregeln im Antezedens und Sukzedens. Korrektheit des Gentzenkalküls. Gödelscher Vollständigkeitssatz (ohne Beweis). Widersprüchlichkeit und Widerspruchsfreiheit. Konsequenzen des Vollständigkeitssatzes: Kompaktheitssatz.
Montag, 8. Juli 2019 Vierundzwanzigste Vorlesung. Der Gödelsche Vollständigkeitssatz ist äquivalent zu: "jede widerspruchsfreie Satzmenge ist erfüllbar". Weitere Konsequenzen des Kompaktheitssatzes: Konstruktion nichtarchimedischer Körper; Konstruktion von Nichtstandardmodellen der Analysis. Das Termmodell: Motivation und Definition.
Mittwoch, 10. Juli 2019 Fünfundzwanzigste Vorlesung. Das Termmodell: Eigenschaften. Das Termmodell für \(\mathsf{ZFC}\) ist kein Modell von \(\mathsf{ZFC}\). Negationstreue und Enthalten von Beispielen. Eigenschaften von negationstreuen Satzmengen, die Beispiele enthalten. Henkins Lemma ("Widerspruchsfreie, negationstreue Satzmengen, die Beispiele enthalten, sind erfüllbar"). Konstruktion von negationstreuen Satzmengen, die Beispiele enthalten: Beweis des Vollständigkeitssatzes für abzählbare Sprachen. Konsequenz: jede widerspruchsfreie Satzmenge hat ein abzählbares Modell. Q&A für die Klausur.
Freitag, 19. Juli 2019 Klausur. 10:00-12:00 (120 Minuten).
Mittwoch, 18. September 2019 Wiederholungsklausur. 13:00-15:00 (120 Minuten).

Last changed: 19 July 2019