Ringvorlesung
"Spektrum der
Wissenschaftsgeschichte"
Kontaktstudium für
ältere Erwachsene
WS
2005/06
Koordination: Elena
Roussanova
Kontakt:
Tel:
040 42838-3313
AB: 040 46961782
Fax: 040 42838-5260
Elena.Roussanova@math.uni-hamburg.de
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Der Besuch der Ringvorlesung ist
nur nach Anmeldung zum Kontaktstudium für ältere Erwachsene
möglich.
Nähere Informationen erteilt die Arbeitsstelle für
wissenschaftliche Weiterbildung (AWW) unter:
Tel:
040 42883-2499 Tel:
040
42883-
2477 kse@aww.uni-hamburg.de |
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18.11.2005
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Prof. Dr.
Ulrich Eckhardt
Wie
kam
Einstein auf die Relativitätstheorie?
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James Clerk
Maxwell stellte Mitte des neunzehnten
Jahrhunderts die nach ihm benannten Gleichungen auf, die die bekannten
Beobachtungen über Elektrizität und Magnetismus gleichsam in
Kurzschrift
darstellten. Bald stellte es sich heraus, daß diese Gleichungen
ein
"Eigenleben" entwickelten. Aus diesen Gleichungen folgt zum Beispiel
die Existenz von elektromagnetischen Wellen, was Heinrich Hertz zu der
Aussage
veranlaßte, daß "diese mathematischen Formeln eine eigene,
unabhängige
Existenz haben, und klüger sind selbst als ihre Entdecker". Mehr
noch,
gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts erkannte Lorentz, daß
diese Gleichungen
eine Eigenschaft haben, die sie von den Newtonschen Gleichungen der
Gravitation
wesentlich unterscheidet. Dieser "Schönheitsfehler" der
Maxwellschen
Gleichungen war ein Anlaß für Einstein, von seinem
Schreibtisch eines Beamten
III. Klasse des Eidgenössischen Amtes für geistiges Eigentum
in Bern die Physik
seiner Zeit total zu demontieren und wieder neu zusammenzusetzen.
Dieser Vorgang soll in der Veranstaltung nachvollzogen
werden. Dabei soll Mathematik allenfalls in homöopathischen Dosen
verabreicht
werden, hielt doch Einstein zur Zeit der Schaffung seiner "Speziellen
Relativitätstheorie" selbst noch einen Respektsabstand zur
Mathematik ein.
An einigen typischen Gedankengängen wird gezeigt, wie Einstein,
ausgehend von
bekannten Fragen der Physik, konsequent und wahrhaft vorurteilsfrei von
einer
bestürzenden Konsequenz zur nächsten voranschritt.
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25.11.2005 |
PD Dr.
Felix Lühning
Der
Gottorfer Riesenglobus und die „Sphaera Copernicana“: mechanische
Manifeste des
barocken Universums
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Zwischen 1650 und 1664 entstanden
am Hofe Herzog
Friedrichs III. von Schleswig-Holstein-Gottorf zwei "monumenta
mathematica", die Berühmtheit in ganz Europa erlangen sollten: ein
begehbarer Riesenglobus von 3,11 m Durchmesser und ein Planetarium, das
als
erstes seiner Art ein vollständiges Modell des copernicanischen
Weltsystems
darstellte. Die kosmologischen Konzepte beider Stücke
ergänzten einander und
sollten es dem damaligen Betrachter ermöglichen, sich der alten
(ptolemäischen)
wie auch der neuen (copernicanischen) Weltanschauung zu versichern. Der
Vortrag
soll berichten, wie man im 17. Jahrhundert diese intellektuell wie
handwerklich
höchst anspruchsvollen Aufgaben bewältigte.
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2.12.2005 |
Dr.
Jürgen Koch
Der
Hamburger Spritzenmeister und Mechaniker Johann Georg Repsold
(1770-1830),
ein
Beispiel für die Feinmechanik im norddeutschen Raum zu Beginn des
19. Jahrhunderts
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Ein wichtiges Gebiet der Wissenschaftsgeschichte
befasst sich mit der Entwicklung der Technik in Deutschland. Zahlreiche
technisch einfallsreiche Menschen haben hier in der Zeit vor der
„industriellen
Revolution“, also Anfang des 19. Jahrhunderts, durch ihre Arbeiten den
Grundstock zu dessen Aufstieg zu einer führenden Wirtschafts- und
Industriemacht gelegt. Viele wurden durch Fürsten oder
Universitäten gefördert,
konnten weitgehend ihren Interessen nachgehen und gründeten nicht
selten
florierende Firmen. Im Gegensatz dazu stand Repsold. Er
musste in Hamburg,
ohne staatliche Hilfe, als Autodidakt seine Ideen eigenständig
entwickeln und
verwirklichen, neben seiner Hauptbeschäftigung als Spritzenmeister
der
Hamburger Feuerlösch-Einheiten, die darunter nicht leiden durfte.
In dem
Vortrag wird zunächst Repsolds Werdegang dargestellt, vom
Pfarrerssohn bis zum
von zeitgenössischen Wissenschaftlern wie Gauß, Bessel und
Schumacher
anerkannten Fachmann. Dabei befasste er sich mit so unterschiedlichen
Feldern
wie Astronomie, Vermessung, Leuchttürme, Uhren und Werkzeugbau.
Auf seine
Initiative ging u. a. die Gründung der Hamburger Sternwarte
zurück. Hierauf
soll ausführlich eingegangen werden. Repsold arbeitete weitgehend
allein, seine
Kontakte zu Kollegen und Wissenschaftlern beschränkten sich fast
ausschließlich
auf Korrespondenzen. Dennoch gelang es ihm, Grundlage für eine
später weltbekannte
Firma für astronomische Geräte zu legen, die seine Söhne
und Enkel bis 1919
erfolgreich weitergeführt haben. Daneben nahm er in seiner
Eigenschaft als
Spritzenmeister großen Einfluss auf den Feuerschutz der
Hansestadt Hamburg,
besonders die Vorbeugung und die Verbesserung der Löschmittel lag
ihm am
Herzen. Letztendlich führten auch seine Aktivitäten zur
Gründung der Hamburger
Berufsfeuerwehr 1872. Ein Denkmal sowie eine Straße in Hamburg,
ein nach ihm
benannter Tonnenleger in Tönning sowie ein Mondkrater erinnern an
ihn.
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9.12.2005 |
Prof. Dr. Karin Reich
Der Weg von Gauß’ Flächentheorie zu Einsteins
Relativitätstheorie |
Die Vermessung
des Königreichs Hannover hatte für Gauß die Folge, sich
mit der Theorie der
Flächen zu beschäftigen, die er 1828 veröffentlichte.
Gauß unterschied hier
zwischen absoluten und relativen Eigenschaften der Flächen,
letztere blieben
bei Biegungen der Fläche ungeändert, "invariant".
Spätere
Mathematiker bauten Gauß' Ideen weiter aus, daraus entsprang der
sog.
"absolute Differentialkalkül", heute Tensorkalkül genannt,
eine
notwendige Voraussetzung für Einsteins allgemeine
Relativitätstheorie. Einstein
hatte zwar schon in den Jahren 1896-1900 während seines Studiums
an der ETH in
Zürich Gauß' Flächentheorie kennengelernt, er hatte
sich aber mit diesen
Gedanken noch nicht anfreunden können. Erst als er 1911/12 begann,
seine
physikalischen Ideen zur allgemeinen Relativitätstheorie
mathematisch
darzustellen, lernte er Gauß' Flächentheorie schätzen.
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13.01.2006 |
PD Dr. Cornelia Lüdecke
"Der Südpol ist nur ein astronomischer Punkt". Über die
Forschung der ersten drei
Antarktisexpeditionen (1901-1903)
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Um 1900 brachen
insgesamt sieben Expeditionen auf, um die noch völlig unbekannte
Antarktis zu
erforschen. Erich von Drygalski (1865-1949) leitete die erste deutsche
Südpolarexpedition (1901-1903), die von den Kerguelen im Indischen
Ozean aus
nach Süden vordringen sollte. Am Südpolarkreis stieß
sie bei 90 °E auf den
eisbedeckten Kontinent und wurden dort vom Eis eingeschlossen. Nach
einer
erfolgreichen Überwinterung kehrte sie mit reichhaltigen
Sammlungen und
Meßdaten zurück. Politisch gesehen, war die Expedition im
Zeitalter des
Imperialismus ein Mißerfolg, denn der Konkurrent Robert Falcon
Scott
(1868-1912) hatte zur selben Zeit die britische Fahne bis auf 82 °S
an den Pol
herangetragen.
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20.01.2006 |
Elena Roussanova
Friedrich Konrad Beilstein (1838-1906): sein Leben und Werk |
Alle Chemiker
der ganzen Welt sind mit dem Namen Beilstein vertraut: Das von ihm
gegründete
"Beilsteins Handbuch der organischen Chemie", ohne dessen die
explosionsartige Entwicklung der organischen Chemie im 20. Jahrhundert
nicht
denkbar wäre, entwickelte sich im Laufe eines Jahrhunderts zu
einem der
umfangreichsten Nachschlagewerke, über 500 Bände sind
erschienen. Seinem
Begründer, Friedrich Konrad Beilstein (1838-1906), der in der
russischen
Hauptstadt St. Petersburg geboren und gestorben ist und nur 13 Jahre
seines
bewegten Lebens in Deutschland (Heidelberg, München,
Göttingen) verbracht hat,
gebührt ein bedeutender Platz in der Geschichte der Chemie in der
zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts. In der Vorlesung soll Beilsteins
Laufbahn und die
Geschichte seines Handbuches aufgezeigt werden. Ein besonderer Akzent
wird auf
die Bedeutung Beilsteins für die internationalen
Wissenschaftsbeziehungen
gesetzt. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der aktuellen
wissenschaftshistorischen Forschung über Beilstein vermittelt.
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27.01.2006 |
Matthias
Bock
Caesar,
Herzog Rudolf und die Enigma: Ein Streifzug durch die Geschichte der
Kryptographie
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Im
Anschluss an eine kurze
Einführung in das
Forschungsgebiet und seine Anwendungsmöglichkeiten soll
episodenhaft an einigen
Fallbeispielen die Entwicklung der Kryptografie von den Anfängen
in der Antike
bis zum beginnenden Computerzeitalter im Zweiten Weltkrieg
dargestellt werden.
Hierbei soll nicht "trockene Mathematik" im Vordergrund stehen,
sondern an einzelnen Verfahren anschaulich gezeigt werden, wie in
vergangenen
Jahrhunderten versucht wurde Information vor Unbefugten zu verbergen -
und wie
sich diese verschlüsselten Botschaften trotzdem lesen lassen. Im
Einzelnen
sollen folgende Verfahren erläutert werden: Antike und
Mittelalter: Skylathe,
Caesar, Alphabetum Kaldeorum; Neuzeit bis zum Ersten Weltkrieg:
Vigenère,
Playfair; Zweiter Weltkrieg: One-Time-Pad, Enigma.
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