Die Idee dieses "blended learning"-Angebots ist es, einige der grundlegenden
Probleme in der Studieneinstiegsphase durch eine Reihe von Vorträgen über
Anwendungen der linearen Algebra abzufedern. Kernziele dieser Veranstaltung
sind:
- Motivation. Die Bereitschaft sich auf eine neue mathematische Sprache und
die damit einher gehende Abstraktion und Präzision einzulassen, soll durch das
Aufzeigen von spannenden Anwendungen erhöht werden. Zum Beispiel ist es möglich
an die in der Schule eingeführte Vorstellung vom Abstand eines Punktes zu einer
Geraden anzuknüpfen und basierend auf dem allgemeinen Vektorraumbegriff eine
Vielzahl moderner Anwendungen zu erschließen.
- Math awareness: Die im Rahmen dieser Veranstaltung vorgestellten
Anwendungen stammen überwiegend aus unserer Umwelt, sind 'außermathematische'
Anwendungen. Die daraus abzuleitende Relevanz der Methoden und Konzepte der
linearen Algebra, aber auch der Mathematik im Allgemeinen, soll ein Fundament
für die Abschätzung der Bedeutung der Mathematik in der Gesellschaft bilden.
Sobald die hinter den präsentierten Anwendungen stehenden mathematischen
Konzepte (Approximation, Codierung, Optimierung,...) deutlich werden, wird das
Auge des Betrachters dahingehend geschärft, dass nun selbstständig viele weitere
Anwendungen dieser Konzepte erkannt werden können.
- Orientierung und Übersicht: Die Anwendungen in dieser Vortragsreihe haben
zwar den Fokus stets auf den jeweils gerade aktuellen Themen der Vorlesung,
dennoch ist an vielen Stellen etwas mehr Mathematik nötig, um die Anwendung im
Detail zu verstehen. Zum Teil kann dieses 'mehr' durch aus der Schulmathematik
bekannte Inhalte grob abgedeckt werden, häufig muss aber auch die Tür zu
weiteren Gebieten (z.B. Operations Research, Codierungstheorie, Kryptographie,
Graphentheorie, Dynamische Systeme,...) der Mathematik geöffnet und der dahinter
liegende Raum skizziert werden. Ohne jeweils wirklich tief in unbekanntes Gebiet
vorzustoßen, hilft dieser Ausblick hoffentlich dabei schon sehr früh im Studium
eine ungefähre Vorstellung von der Größe und von Wesenszügen der Mathematik zu
bekommen. Es ist beabsichtigt häufig eine chronologische Dimension mit
einzublenden und das Wechselspiel zwischen der Entstehung von Anwendungen und
der Entstehung von Mathematik zu beleuchten. Dies scheint mir einerseits schon
in sich selbst eine wichtige Aufgabe einer solchen Veranstaltung, andererseits
hilft die gewonnene Übersicht den Studierenden hoffentlich auch bei der
Ausgestaltung ihres Studienverlaufs.
- Verfestigung und Verständnis: Die verschiedenen Anwendungen machen es
erforderlich, die Vorlesungsinhalte immer wieder aus einem veränderten
Blickwinkel zu rekapitulieren. Zum Beispiel werden Datenansammlungen oder
Prozesse in Matrizen verwandelt und mit Methoden behandelt, die für das Studium
linearer Abbildungen erarbeitet wurden. Solche Blickwinkelveränderungen
ermöglichen einen Verständniszugewinn, da es einem vielleicht erst beim zweiten
oder dritten Blickwinkel gelingen mag einen Zugang und ein Gefühl für die Sache
zu finden. Außerdem wird bereits behandelter Vorlesungsstoff in einer leicht
veränderten Form 'wiederholt' und dadurch in seiner Essenz vermutlich
verfestigt.