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Gunda Opfer

Diplom-Mathematikerin

Fr. Opfer


Ausbildung:

Was haben Sie studiert?

Mathematik an den Universitäten Hamburg und Tübingen mit Schwerpunkt "Angewandte Mathematik" und Anwendungsgebiet Geophysik (Seismologie).

Mein Studium verlief nicht von Anfang an zielgerichtet (das ist sicher in vielen Fällen so). Zunächst studierte ich mit dem Ziel "Lehramt" (weil ich Mathematik anderen immer gut erklären und sie dafür begeistern konnte). Jedoch gefiel es mir nicht, bis zum Schluss ohne mathematische Zwischenprüfung zu bleiben (wie es der Studiengang vorsah). Zu gegebener Zeit meldete ich mich deshalb zum Vordiplom an, und das war der erste Schritt, schließlich dann auch mit dem Diplom abzuschließen und ganz in diese Richtung weiter zu gehen.

Haben Sie Praktika gemacht?

Ja, jeweils in den Semesterferien. Eins bei der Wasser - und Schifffahrtsdirektion Hamburg und eins beim Institut für Neutronenphysik und Reaktortechnik des Kernreaktors Karlsruhe.

Diese Praktika waren lehr- und hilfreich, weil ich vor Ort Einblick in verschiedene Arten praktischer Anwendung der Mathematik erhielt und Programmiererfahrungen sammelte. Ich war betraut mit der Auswertung von Messdaten, sowie mit der Programmierung von kleinen Subroutinen im Rahmen einer größeren Software.

Haben Sie ein Auslandssemester gemacht?

Einige Semester im Ausland waren bei mir leider nicht drin. Es gab damals keine entsprechenden bezahlbaren Angebote. Die heute vorhandenen Möglichkeiten dazu betrachte ich als große Chance zur "Erweiterung des Horizonts", weit über den Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen hinaus. An der Uni Hamburg gibt es im Fachbereich Mathematik sehr gute Kontakte im Erasmus-Programm zu Universitäten vieler Länder Europas.

Haben Sie während des Studiums Programmiersprachen erlernt?

Ja. Das Erlernen und Anwenden verschiedener Programmiersprachen (Algol, Fortran, Maschinencode) im Rahmen des Studiums der Angewandten (insbesondere der Numerischen) Mathematik fand ich sehr wichtig. In den ersten Jahren meiner Berufszeit gehörte das Erarbeiten umfangreicher Programme zu meinen Aufgaben, das wäre ohne Vorkenntnisse und vor allem Erfahrung schwierig gewesen. In späteren Positionen habe ich eher "programmieren lassen". Aber auch dabei hilft die eigene Programmier-Erfahrung entscheidend, die genaue Aufgabenstellung für ein Programmiervorhaben zu formulieren und dessen Ergebnisse kontrollierend zu beurteilen.

Warum haben Sie nicht promoviert?

Ich erhielt zwar nach dem Studium von Prof. Collatz ein Angebot dazu, aber da mein Ehemann am gleichen Institut arbeitete, habe ich es nicht angenommen. Ich beschloss, als eine Art Kontrastprogramm "gleich in die Wirtschaft" zu gehen.

Später erhielt ich noch einmal ein Promotions-Angebot: von Prof. Heribert Meffert, Institut für Marketing, Universität Münster. Dies wäre eine echte Chance und Herausforderung gewesen. Jedoch hätte ich zunächst ein Diplom in Betriebswirtschaft (in Münster, ich wohnte in Hamburg) nachholen müssen, und das erschien mir in meiner damaligen Situation mit zwei kleinen Kindern nicht verantwortbar.

Berufsweg:

  1. "Analytikerin" bei der Mineralölfirma BP (Hamburg), Abteilung "Operations Research" (vier Jahre lang)

    Nach dem Selbstverständnis unserer Abteilung war Operations Research definiert als "Objektivierung unternehmerischer Entscheidungen mit Hilfe mathematischer Modelle".

    Mein "Hauptwerk" in dieser Position, an welchem ich auch - im Team, zuletzt federführend - ziemlich lange gearbeitet habe, bestand in der Verallgemeinerung des bekannten und in der Firma BP schon seit langem und in großem Umfang (mit ausgefeilter, schon existierender Software) eingesetzten "Transportmodells" (Sonderfall der "Linearen Optimierung") zu einem "Lagermodell".

    Beim Transportmodell werden die "Verfügbarkeiten" (in diesem Fall: Mengen an verschiedenen Mineralölprodukten) auf den Raffinerien, sowie der Bedarf bei den kostenoptimal von dort zu beliefernden Lägern als konstant betrachtet. Unser Lagermodell sollte nun, der Realität entsprechend, einen "saisonalen Swing" berücksichtigen.

    Es gehörte auch zu den Aufgaben unserer Abteilung, die angewendeten Verfahren in Workshops dem Management möglichst allgemein verständlich und plausibel an einfachen Beispielen zu erläutern. Auf diese Weise wollten wir Vertrauen schaffen auch für die Lösungen komplexer, nicht mehr nachvollziehbarer Aufgabestellungen.

    Für das aktive Mitwirken an derartigen Kursen war ich ebenfalls zuständig, und das habe ich immer besonders gern gemacht.

  2. "Research Associate" an der School of Business, Abteilung "Police Administration", Indiana University, Bloomington, Indiana, USA (ein halbes Jahr lang)

    Hier konnte ich mitarbeiten an einem ("von Washington" finanzierten) Forschungsprojekt des Titels "Optimum Speed Limits". Dabei ging es um die Frage,

    • welche Geschwindigkeitsbegrenzung (speed limit) an einer bestimmten Stelle einer Straße vorgeschrieben werden muss,
    • um die Autofahrer zu einem ortsbezogen optimalen Fahrverhalten zu veranlassen,
    • unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass nur irgendwie einsichtige Vorschriften die Chance haben, beachtet und befolgt zu werden.

    Für dieses Projekt lag eine Fülle empirischer Beobachtungswerte vor. Meine Aufgabe war es, aus diesen Messdaten Gesetzmäßigkeiten abzuleiten mit dem Ziel, später die "speed limits" pro Position so festzusetzen, dass die resultierenden Fahrgeschwindigkeiten der Situation möglichst gut angepasst ausfielen.

    Zur Anwendung gelangten hierbei Verfahren der multivariaten Statistik, insbesondere der "Regressionsrechnung", die ich mir aber zuvor erarbeiten musste. Leider habe ich (da mein USA-Aufenthalt begrenzt war) nicht mehr "miterlebt", wieweit die Resultate später verwendet wurden und vor allem, ob und mit welchem Ergebnis sie "evaluiert" (an der Realität überprüft) wurden.

  3. Verschiedene Positionen im Bereich der Markt- und Mediaforschung (seit über zwanzig Jahren)

    1. Mathematische Beraterin, später Studienleiterin beim (Marktforschungsinstitut) IVE, Research International, Hamburg
    2. Geschäftsführerin und Bereichsleiterin "Media- und Kommunikationsforschung" beim Institut GETAS, Bremen, später GFM-GETAS, Hamburg (heute IPSOS Deutschland, Hamburg)
    3. Gründung eines eigenen Beratungsbüros, darin noch heute tätig "Gunda Opfer - Media und Marketing - Beratung Konzept Analyse"

    Die Markt- und Mediaforschung bietet ein recht breites und, wie ich finde, interessantes Betätigungsfeld für MathematikerInnen. Es treten mathematisch-methodische Probleme in vielerlei Fragestellungen auf. Beispiele dazu hier.

Im Laufe meiner Tätigkeit hatte ich die Gelegenheit, meine Arbeiten teilweise auf Kongressen vorzutragen und/oder in Büchern, Broschüren und Zeitschriften zu veröffentlichen. Oft jedoch wollen die Kunden die Arbeiten als "Herrschaftswissen" für sich behalten, das ist in vielen Fällen der Sinn eines Auftrags.

Alle erwähnten Veröffentlichungen sowie weitere Informationen finden Sie unter www.gunda-opfer.de.

Überblick über meine Tätigkeit in der Markt- und Mediaforschung:

Zunächst habe ich mir das einschlägige "Handwerkszeug" erarbeiten müssen, lernte z. B. auch Fragebogen-Entwicklung. Neben meinen mathematikbezogenen Aufgaben war ich zunehmend auch zuständig für die Auftrags-Akquisition, für Präsentationen von Untersuchungsvorschlägen und Ergebnissen. In Geschäftsführer-Postion galt es dann, zusätzlich Verwaltungs- und "Führungs"-Aufgaben zu übernehmen.

Bei alldem habe immer versucht, auch mein ganz spezielles "mathematikbezogenes Profil" auf- und auszubauen. Ich trug meine Ergebnisse, soweit sie es wert waren und die Kunden dies erlaubten, auf Kongressen vor und veröffentlichte sie. Damit erlangte ich einen guten Bekanntheitsgrad in der Fachwelt. Schließlich konnte ich dann (aus sicherer, gut bezahlter Position heraus) den Schritt in die Selbstständigkeit wagen.

Meine Tätigkeit in der Selbstständigkeit umfasst:

  • Entwicklung neuer Methoden im Bereich der Media- und Werbewirkungsforschung
  • Ergebnis-Analysen mit dem Ziel, mehr als üblich aus den Daten herauszuholen
  • Gutachten und Stellungnahmen:
    Möglichkeiten und Grenzen von Methoden der Markt- und Mediaforschung
  • Entwicklung des mathematischen Instrumentariums zur Verrechnung von Erhebungsdaten; Anleitung und Kontrolle der Umsetzung
  • Entwurf und Betreuung anspruchsvoller Studien in allen Phasen (Stichprobe, Fragebogen, Studienleitung, Vorschläge zur Auswertung auch jenseits des Üblichen , Analyse, Empfehlungen aus den Ergebnissen)

Auftraggeber waren bzw. sind unter anderem die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e. V. (www.agma-mmc.de), der Fachverband Außenwerbung e. V. (FAW), Verlage und Rundfunkanstalten.

Meine Hauptarbeiten im Verlauf der Jahre sind das Buch "Validierungen im Mediabereich: Zeitschriften" (ag.ma-Schriften, Bd. 9) und die Plakat-Reichweitenforschung. Diese habe ich in Deutschland über 15 Jahre lang praktisch allein geprägt. Dazu gehörte im Wesentlichen:

  • Entwicklung der Erhebungsmethode (des Fragebogens) "Abfrage anhand erinnerter Wege" (urheberrechtlich geschützt),
  • Entwicklung der Formeln und Anweisungen, nach denen das zugehörige Mediaplanungsprogramm geschrieben wurde.

Mit diesem Instrumentarium wurden - bei jeweils 7.000 neuen Interviews pro Jahr - die PMA (Plakat-Media-Analyse) 1988/89, 94/98 und 2000 bis 2003 unter meiner Leitung durchgeführt. Danach hat ag.ma nach Verträgen mit mir die Methode übernommen und die Nachfolgestudie "ma 2004 Plakat" nach gleichem Muster durchgeführt".


Inwiefern war Ihr Mathematikstudium im Hinblick auf das spätere Berufsleben hilfreich?

Bis heute verdanke ich es "meiner Mathematik"

  • immer genügend Auswahl an beruflichen Möglichkeiten gehabt zu haben,
  • immer wieder auf "Erfolgserlebnisse" gestoßen zu sein, u. a. auf die in der Mathematik so typischen, geradezu erhebenden "Aha-Momente", in denen man einen Lösungsweg findet,
  • eine systematische, zielführende Herangehensweise an Aufgaben "verinnerlicht" zu haben, die ich BerufskollegInnen aus anderen Fächern immer - meist auch anerkannter Weise - irgendwie voraushabe,
  • beruflich immer etwas machen zu können, das die analytische Kreativität herausfordert und mir - überwiegend - Spaß macht,
  • und darüber hinaus auch immer ein deutlich überdurchschnittliches Einkommen gehabt zu haben.

Einige persönliche Anmerkungen zum Mathematik-Studium

Das Studium der Mathematik gehört - das soll nicht verschwiegen werden - zu den eher mühsamen. Auch wer "in der Schule sehr gut in Mathe" war, kommt meist um Phasen des Frustes nicht ganz herum (es hängt stark vom Dozenten bzw. Professor ab). So entspricht es jedenfalls meiner ganz persönlichen Erfahrung.

Man sollte ein Mathematikstudium meines Erachtens nur ins Auge fassen, wenn man

  • schon immer eine ausgeprägte "Lust" daran hatte, mathematisch-analytische Aufgaben auch mit Ausdauer zu lösen (wobei man davon abstrahieren muss, dass es zwischendurch auch Mathelehrer gegeben haben kann, die einem diese Lust zeitweise austrieben),
  • bei derartigen Aufgabenstellungen auch erfolgreich war,
  • Durchhaltevermögen mitbringt (mühsames Studium),
  • Spaß an Detailarbeit hat,
  • begründet meint, dass man auch kreativ in diesem Bereich ist.

 
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